Zuerst ein Blick zurück: Ich erinnere mich an meinen ersten 4000er. Das Bishorn als Xtra-Sommer-Hochtour 2013. In den folgenden Jahren suchte man im Xtra-Jahresprogramm vergeblich nach Hochtouren. Steigeisen und Pickel verstaubten im Keller. So nahm ich allen Mut zusammen und schrieb dem Präsi ein Mail, dass es nach der Badenfahrt höchste Zeit sei, wieder einmal Hochtouren auszuschreiben. Meine Bitte wurde erhört und am 11. August trafen sich 11 Xtraler und Silvio der Bergführer bei der Corvatschbahn, um 3 Tage von der Coaz Hütte aus – zuhinterst im Rosegtal – Touren zu unternehmen.
Kaum in der Hütte angekommen, gings ans üben der Seilhandhabung. Klettern am Fels und die Sicherung der Kameraden. Im Blickfeld gegen Norden und Westen immer die Gletscher mit 1000 Spalten. Angeordnet vom Designer Natur inkl. Sonne und Klimawandel. Die Hütten-Crew bereitete uns an beiden Abenden ein feines Essen. Einige griffen zu den Jasskarten, andere plauderten über Gott und die Welt. Klassische Hüttenabende.
Am nächsten Morgen sassen wir um 05.00 am Frühstückstisch und stärkten uns für die Tour auf den Piz Sella. Eine halbe Stunde nach dem Start um 05.45 zogen wir die Steigeisen an. Diese bleiben dann für viele Stunden an unseren Füssen.
Der apere Gletscher hatte die Form von tausenden von eisigen Suppentellern. Die Füsse mussten die Unebenheiten ausbalancieren – nebst dem Anstieg, um Höhe zu gewinnen. Silvio schaffte das unmöglich Erscheinende: Er fand einen Weg durch all die Spalten. Manchmal waren ein Froschsprung und ein Ausfallschritt notwendig.
Nach ca. 5 Std. erreichten wir den Piz Sella. Leider sind ein paar Wolken aufgezogen. Das Panorama auf die imposanten Gipfel Roseg, Bernina und Co. blieb uns verborgen. Wegen der schlechten Sicht und der Länge der Tour machten wir uns auf den Abstieg zur Hütte. Die Dschimels und La Sella blieben auf der ToDo Liste. Wieder fand Silvio einen Weg durch all die Spalten. Nach ca. 8 ½ h erreichten wir doch ziemlich müde die Hütte.
Das Ziel für die Sonntagstour war der Chapütschin – zu Deutsch der Kapuziner. Er ist der Nachbar der La Muongia – zu Deutsch die Nonne. Nach dem Start bei Tagesanbruch ging es gleich steil hoch auf einer Moräne. Meine Beine waren schwer. Bald schon bildete sich eine Lücke zu den Vordermännern. Ungewohnt anstrengend und unangenehm empfand ich den Anstieg. Meine Gedanken drehten sich. Umkehren oder mich weiterschleppen und die Kollegen stören mit meinem Schneckentempo. Es war noch Zeit, um allein zur Hütte zurückzugehen. Ungern marschierte ich zurück. Für mich aber war es der richtige Entscheid. In langsamem Tempo wanderte ich über die Fuorcla Surlej zurück zur Corvatschbahn.
Am Abend traf ich Xtra-Tourenleiter Thomas E. und Bergführer Silvio C. in der Jugendherberge Pontresina noch zu einem Bier. Sie hatten in den nächsten Tagen noch grosse Ziele: Piz Roseg und Bernina.
Meine Beine und mein Kopf haben sich mittlerweile regeneriert. Ich freue mich auf die Xtra-Hochtour 2019.
Vielen Dank an Thomas E. und Bergführer Silvio für die perfekte Organisation und die umsichtige Führung.
Ruedi B.